Von der Sprache lernen: Plädoyer für das Gespräch (2)

Matthias Mueller
2 min readAug 3, 2022
Eileen Pan on Unsplash

Der erste Teil dieses Artikels versucht erlebbar zu machen, dass Sprache Sinn macht. Dass sie Lösungen, Produkte schafft, weil sie sie benennt. Es lohnt sich deshalb, als Team im Geschäftsalltag den Moment zu suchen, wo die Sprache klar ist. Dieser zweite Teil bietet ein paar Tipps dafür an, wie wir diese Klarheit im Gespräch entwickeln können.

Eins: Es braucht Zeit. Und die Sprache nimmt sie sich ohnehin. Wir mögen in Kreativworkshops innerhalb von zwei bis drei Tagen Dinge entwerfen, die wir mögen — und doch melden sich oft nach ein paar Tagen noch einmal Zweifel, es tauchen sogenannt kritische Fragen auf. Sprechen Sie sie aus, besprechen Sie sie. Und lassen Sie zu mitzuerleben, wohin sie das Gespräch trägt. Denn Sie wissen es zu Beginn noch nicht.

Zwei: Wortwolken und sogenannte Mindmaps sind eine attraktive Visualisierung von Sprache. Nutzen Sie sie auch als «Heatmap» oder Aufmerksamkeits-Landkarte: An welchen Stellen hören Sie und das Team, wo es zu stimmen beginnt, oder wo es stimmt? Wo können Sie miteinander ergänzen? Was flüstern Ihnen die Worte zu?

Drei: Es ist die Sprache, die die Brücke zu Ihren Kundinnen und Kunden baut. Das ist ihre Kompetenz. Das entwickelnde Gespräch befragt und kostet die Weisheit dieser Kompetenz aus. Hindernisse dafür sind ausschliessende/bewertende Prozesse oder soziale Hierarchie.

Sagen Sie nicht «Nein» (was für ein Widerspruch!) sondern «Und». Es ist ein Weg ohne Abzweigungen, einfach ein gemeinsamer Weg, in dem alle Beteiligten wissen, wann das Ziel erreicht ist.

Dominant gelebte soziale Hierarchie bringt Sprache zum Erstummen, macht das Potenzial für wertorientierte Lösungen kleiner. Fragen Sie nach einem Arbeitsschritt einfach: Sind Worte/Sätze vorhanden, die entweder noch nicht ausgesprochen sind, oder die noch nach Aufmerksamkeit verlangen?

Vier: Vielleicht hilft manchmal eine disruptive, fast schon respektlose Ergänzung — ein Einwurf vielleicht. Ich erinnere mich an eine Situation in einer Gruppe, die Inhalte einer Tagung für Organisationsentwicklung bespricht und reflektiert. Höchst angeregt, diskursiv, emotional, engagiert. Da fragt die Gesprächsleiterin einen Teilnehmenden aus Thailand, wie er in seinem Kulturkreis diese Probleme angehen würde. Er berichtet, dass Meditation eine wichtige Aufgabe einnehme. Die Temperatur der Gruppe senkt sich augenblicklich. Erste Fragen werden einander gestellt. Besinnung und grundlegender Wert wird spürbar. Dabei hat jemand nur das Wort «Meditation» ausgesprochen.

Teil eins dieses Artikels

Matthias Müller arbeitet als Geschäftsentwickler, Unternehmensberater und Schriftsteller. Sein neuestes literarisches Buch heisst «Auf der Schaukel der Sprache» (Caracol Verlag).

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Matthias Mueller

Journalist/writer focusing on sustainable development, digitization, innovation and design-oriented business development. Member of Swiss author's association.